Die im November 1673 zum Kampf gegen die Türken angerückte polnische Armee war nicht nur „sehr gut gerüstet und gekleidet“ (nach einem Bericht eines englischen Residenten in Danzig), sondern befand sich auch oder vor allem unter dem Kommando des besten und allseits akzeptierten Feldherrn: Johanns III. Sobieskis. Der Historiker Tadeusz Korzon schreibt: „Dieser Hetman der Krone verstand es gleichwohl junge wie auch alte Kämpen zum Ruhme zu führen, wobei er keinen Anstoß nahm an der nationalen Säumigkeit, Unordnung und Ungebärdigkeit. Er verstand es, die entfesselten Dränge zu einen und zu lenken und in ihnen die Kraft der gemeinsamen Tat zu erzeugen durch glückliche Verbindung der soldatischen Energie mit Uneigennützigkeit, Diskretion und Nachsicht eines freien Bürgers der Rzeczpospolita.“ Nicht umsonst rief der Dichter Jan Andrzej Morsztyn aus: „Geh hin, Podolien / Zu holen, widersetze dich Stambul, / Möge so nach deinem kühnen Kampfe / Das Kreuz über den Turban triumphieren.“
Während der Schlacht von Chocim (heute Chotyn, Ukraine) hielt sich Sobieski keineswegs zurück, sondern stand immer in erster Reihe. Er ritt an der Spitze seiner Dragoner zum Angriff und später, als einen Augenblick lang das Schlachtenglück ins Wanken zu geraten schien, eilte er in die Mitte der Kämpfenden. Der großartige Trumpf von Chocim tilgte die Schmach des Falls von Kamieniec Podolski und des Vertrags von Buczacz. Die neben vielen anderen Trophäen erbeutete Standarte des Sultans wurde dem Papst nach Rom geschickt, damit sie dort erstmals der ganzen Christenheit vom Namen Sobieski zu künden.
Im Jahr 1691, also noch zu Lebzeiten Johanns III., erschien in Krakau das lateinisch-polnische Werk Flores vitae B. Salomeae Virginis des Kunstmäzens und Architekten Pater Sebastian Piskorski, das eine umfangreiche Vita der seligen Salomea und die Geschichte ihrer Verehrung enthielt. Unter den von Sobieskis Hofkünstler Jerzy Eleuter Szymonowicz-Siemigonowski (um 1660 - 1711) geschaffenen Radierungen befindet sich als letzte (Nummer 23) eine Darstellung der Schlacht von Chocim mit dem sie begleitenden Triumpf der seligen Salomea.
Die dynamische, freie Zeichnung der Komposition zeigt zwei Sphären – die irdische und die himmlische. In der unteren stellt sie Sobieski in voller Rüstung dar, mit erbeutetem Säbel, der hoch zu Ross an der Spitze der polnischen Kavallerie voranstürmt. Im Hintergrund ist die Brücke über den Dnister und die Burg von Chocim zu sehen. Die Pose des Hetmans und seines Rosses erinnert stark an das von demselben Künstler geschaffene Reitergemälde Sobieskis, das sich im Warschauer Nationalmuseum befindet. In der Himmelssphäre kniet die selige Salomea vor der Madonna mit Kind und erbittet den Sieg.
Siemiginowski zählt zu den wenigen polnischen Künstlern der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, die Stiche nach eigenen Vorgaben (Zeichnungen oder Gemälden) herstellten. Es ist ein Jammer , dass die Mappe mit seinen grafischen Arbeiten, die sich in der Bibliothek Johanns III. in Żółkiew befand, verloren gegangen ist. Der Zyklus der Abbildungen zu Flores vitae B. Salomeae, mag er auch unter dem Einfluss der italienischen Kunst stehen, sticht in künstlerischer Hinsicht vor dem Hintergrund der damaligen einheimischen Grafik hervor. Er ist ein dauerhaftes Andenken an die persönlichen Kontakte des Künstlers mit Pater Piskorski, der als Director fabricae der Krakauer Annenkirche zahlreiche Bestellungen bei ihm in Auftrag gab.
cookies info
✓ Rozumiem